DETLEF WULFF Sati(e)risch-Rea(a)les
DETLEF WULFF   Sati(e)risch-Rea(a)les

Lehrer an der McGeiz-Schule

Ich bin Lehrer an der „Mc-Geiz-Schule“. Die hieß vorher „Sarrazin-Schule“; wir sollten nun „Nussbaum-Schule“ heißen. Die Schulkonferenz hat sich dann aber doch für den Namen Mc-Geiz entschieden, denn der passt immer.

 

 

Das ist übrigens unsere Schuluniform, unsere Berufskleidung. Wir sparen, wo es nur geht, übrigens nicht nur an der Oberwäsche.

Unsere Personalausstattung ist zu 100% privat. Wir bauen nur noch auf TeachFirst-Fellows, MAE und PKB. So haben wir einen Juristen mit 38 Stunden, davon 15 Stunden eigenverantwortlichen Unterricht in Sport und Chemie eingesetzt. Toll: hat von beiden Fächern keine Ahnung, aber bei von ihm verschuldeten Schülerunfällen braucht der nicht mal einen Anwalt. Im Hau-Ruck-Verfahren leasen wir von der Ruck-Stiftung noch Lehrkräfte. Die war zwar doppelt so  teurer, aber das hat die Senatsschulverwaltung bisher nicht bemerkt.

Wieso das alles? 1. Der Berliner Markt für qualifiziertes Personal in Schulen ist leer gefegt. 2. Wir wollten uns verjüngen und 3. Es ist einfach erfrischend, jeden Tag die vielen neuen Gesichter zu sehen. Unser Schulleiter hat uns deshalb schon Namenskärtchen verordnet, wie auf den Tagungen.

Unser Kollegium hat sich durch das viele in Teilzeit arbeitende pädagogische Personal verdoppelt. Wir haben aber im Lehrerzimmer nur halb so viele Stühle wie pädagogisches Personal.

Natürlich sind wir kreativ und haben gleich einen Gesundheitszirkel damit verbunden. Jeden Morgen spielen wir vor dem Unterricht Reise nach Jerusalem um die Sitzplätze. Wir spielen auch um den einen Rechnerarbeitsplatz im Lehrerzimmer für über 50 Personen. Bei 6 Zeitstunden kann jeder 7 min 12 s am Rechner arbeiten. Das reicht gerade für 5 Unterrichtsstunden Vorbereitung. Hier haben wir aber für die Reihenfolge das Losverfahren nach Prof. Dr. Zöllner angewandt.

Dies alles wurde selbstverständlich evaluiert. So hat die SEIS-Befragung wegen der vielen Reisen nach Jerusalem eine deutliche Verbesserung der Kommunikation und damit der Arbeitszufriedenheit  an unserer Schule ergeben.

Probleme hatten wir auch, weil wir eine Ganztagsgrund-schule sind und uns Erzieher fehlten. Da haben wir schnell eine Lösung gefunden; wir kooperieren seit einiger Zeit mit einem externen Partner, dem Seniorenheim schräg gegenüber. Die über 80-Jährigen, die nicht mehr so viel Schlaf brauchen, betreuen unsere Kinder vor dem Unterricht, die 70 bis 80-Jährigen nach ihrer Siesta am Nachmittag.

Dazu gibt es Rock’n Roll aus unserem CD-Player. Bei diesem Rhythmus machen die Senioren dann auch die Rhythmisierung ganz toll mit.

Übrigens sind die Senioren auch als PKB Kräfte bei uns – ein unerschöpflicher Pool – und sie bessern ihre Rente auf. Wenn jemand meint, mit ihrem Alter hätten sie den Kindern nichts mehr zu sagen – denken sie doch nur an Helmut Schmidt, was der  den Kindern in seiner Partei noch alles sagt; wenn die natürlich nicht zuhören, kann man halt nichts machen.

Zugegeben, in Grippezeiten haben unsere Kooperations-partner auch schon mal nicht genügend Personal bereitstellen können. Dann haben wir als Ergänzung lebensgroße Puppen zur Aufsicht aufstellen müssen, das musste dann auch gehen.

Die Zukunftswerkstatt an unserer Schule hat sich mit der Ausweitung der TeachFirst-Idee beschäftigt.

Wir denken da bei OperateFirst an Hochschulabsolventen der Philosophie, die mit 38 Stunden pro Woche ins Krankenhaus gehen, davon 15 Stunden eigenverantwortlich operieren und dabei all die überflüssigen Nieren-, Gallensteine und Blinddärme entfernt oder bei FlyFirst an Hochschul-absolventen der Politikwissenschaft, die 38 Stunden pro Woche fliegen, davon 15 Stunden eigenverantwortlich. Als besonderes Projekt fliegen die Rentner und Pensionäre im Herbst nach Mallorca; das bringt Luft in die Renten- und Pensionskassen.

Ich als Erzieher von vorn und hinten mit meinem wichtigsten Werkzeug ...

Ich bin Erzieher.

Ich bin Seiteneinsteiger, komme von links und gehöre zu Ü60. Ich bin sozusagen ein Fellow der Arbeiterklasse von TeachLast. Ich höre auf, wo TeachFirst anfängt. Neulich wollte ich zu einer Ü30 Party; nachdem der Bodyguard meinen Ausweis kontrolliert hatte, musste ich gleichmal doppelt bezahlen.

Den alten Werbeslogan: „Seid schlau, geht zum Bau!“ hatte ich schon schnell umschreiben müssen in: „In die Kita statt zum Bau - ist bescheuert und nicht schlau!“.

Zuerst war ich bei einem freien Träger. Unser Chef war gemeinnützig – zu uns gemein, nach außen hin nützig. Er hatte zwei Villen – einen guten und einen bösen. Er kann sich gar keinen Maserati leisten, nein er fährt nur einen Lamborghini. Dafür hatten wir Hausverträge abgeschlossen. Wir kriegten zwar nur halb so viel wie nach den Tarifverträgen, aber dafür durften wir einmal im Monat mit Lamborghini fahren.

Ich bin dann doch zu so nem Casting gegangen ÖD und wollte eigentlich eine Männerquote durchsetzen. Das war überflüssig, denn die ganzen Schulleiterinnen haben sich nach mir als einzigem Mann förmlich gerissen – na mit Ü60 kann ich schließlich nicht mehr schwanger werden.

Ich bin dann gleich in eine Gewerkschaft eingetreten. Mit Verdi hatte ich aber nichts am Hut, denn ich bin kein Opernfreund.

Die 1,54 Promille, bei der die Frau Käßmann den Job geschmissen hat, sind Einstellungsvoraussetzung bei uns. Und die Kinder lernen gleich, was in unserem Job wichtig ist.

Ich musste mich vertraglich verpflichten, während meiner Arbeit den Schutzhelm aufzubehalten. Und das war gut so.

Denn was einem die jungen vor-, voll- und nach- puber-tierenden Sprösslinge heute so alles an den Kopf werfen – meine Güte. Ich habe dann sofort vorgeschlagen, den Schutzhelm für alle Erzieherinnen anzuschaffen. War natürlich – wie immer – kein Geld da. Habe dann aus der Not eine Tugend gemacht und verleihe gegen eine Gebühr – man verdient ja als Erzieher nicht viel – meinen Helm an meine Kolleginnen in Brennpunktklassen.

Nun sind auch schon Lehrkräfte an mich herangetreten. Da ist die Leihgebühr etwas höher, gestaffelt nach Einkommen – von E9 bis E14. Die wollen den Schutzhelm aber auch deshalb haben, weil da so viel Druck von oben kommt – nur weiß ich nicht, ob den mein Helm auch aushält.

Mit dem Verleih meines Helmes wollte ich eine Ich-AG aufmachen. Das hat das Jobcenter aber nicht genehmigt. Die hatten kein Geld für einen zweiten Helm.

Mit den Schülern mache ich da aber schon einiges.

Zum Beispiel singen: „Wer will fleißige Handwerker sehn, der muss in die Kita geh'n. Stein auf Stein, war eine Lust, nun hab ich als Erzieher Frust“.

Dann haben wir einen riesigen Trog mit Sand, Lehm, Kalk und Wasser gefüllt und daraus Zement hergestellt. Damit haben wir dann an unserer Schule die Baumaßnahmen aus dem Konjunkturpaket II und im Zuge der Sekundarschulreform unterstützt, wie sie in der Zeitung gelesen habe, hat das bis Schuljahresbeginn nicht ganz hingehauen.

Den Sand für unseren Zement haben wir kostenneutral umgeschichtet aus dem benachbarten öffentlichen Spielplatz. Den Kalk haben wir durch einen Besuch in der Senatsschulverwaltung erhalten. Der rieselte nur so aus den Köpfen der höheren Beamten.

Gleichzeitig wurde damit das Duale Lernen an unserer Schule ins Leben gerufen und für mich in der Freizeit - der Personarat darf das nicht wissen - der Beruf des Assistenzhausmeisters auch noch mit installiert.

Ein paar Bemerkungen zur Entlohnung muss ich noch sagen. Ich habe den Kurs 6 zum Integrationserzieher gemacht. Man will mich nur in die Erfahrungsstufe 1 eintüten, obwohl ich Integrationserfahrung habe. Jahrelang habe ich die Schwarzarbeiter in unsere Baufirma integriert.       

Der Tarifabschluss hat mich doch sehr enttäuscht. Auf dem Bau habe ich 5,9% gekriegt, und die täglich von GUINNESS.

Alles in allem hatte ich auch gedacht, durch den Seiteneinstieg in den neuen Job hätte ich eine sichere Geldanlage in die Zukunft gemacht, aber ich bin enttäuscht.

Wie ich im Zusammenhang mit der Finanzkrise gehört habe, gibt es nur eine einzige sichere Altersvorsorge, das sind die Gutscheine an den Autobahntoiletten: Sie sind ein echter Gegenwert für selbst erbrachte Leistungen.



Ich WULFF, ein Berliner, jetzt Hackenheimer, bin dabei oder dabei gewesen!

Homepage:

Stand 17.10.2023

 

-   WAS WAR?

"Das Haus an der Ampel" Reinhard Mey

-   WANN & WO?   

16.10.2022      

Baden-Arena, Offenburg

 

-  WAS KOMMT?

"UTOPIA"

Konstantin Wecker

-WANN & WO?

30.11.2023

Liederhalle Stuttgart

Wohnmobil ROLLER 41, Bj 2002

Unser neues altes HOBBY, Bj 2010

Leserbriefe, ein Hobby von mir, der letzte 07.12.22 in der "Allgemeine Zeitung":

Zur Pfarrgemeinde

St. Michael, die bis 2030

in die Großpfarrei Bingen übergehen soll.         

Erhaltenswert

 

Es ist schon sehr erstaunlich, dass auf Kosten von Großpfarreien vielleicht kleine Kirchen, wie hier die Kirche St. Michael in Hackenheim auf dem Prüfstand stehen könnten. Man kann daraus noch Kapital schlagen, wenn man das Grundstück verkauft und den Wertzuwachs des Grundstücks seit der Erbauung von St. Michael mit einbezieht. 

 

Es scheint so, als ob die Pharisäer nicht nur außerhalb der kirchlichen Strukturen zu finden sind. 

 

In den Anfängen des Christentums hatten sich kleine Gemeinden von unten her gebildet, Strukturen von oben her gab es da zum Glück noch nicht.

 

Es ist deshalb wichtig, dass die kleinen Gemeinden, gerade im ländlichen Bereich erhalten bleiben. Den meist älteren Menschen, kann man nicht lange Wege in sogenannten Großpfarreien zumuten, auch nicht, dass sie noch ihre gewohnten Kontakte vor Ort verlieren.

 

Statt kleine Kirchengemeinden abzuwickeln, sollte man sich überlegen, ob Kirchenpaläste wie in Limburg noch in die heutige Zeit passen. Auch die großen romanischen Dome in Speyer, Worms und Mainz sind in der Unterhaltung sicher teurer als die Kirche St. Michael in Hackenheim. Aber die sind halt touristische Anziehungspunkte und ökonomisch wertvoll. Vollere Kirchen und damit mehr Kirchensteuerzahler bringen sie aber nicht, und das hat die Kirche sich selbst zuzuschreiben.

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© Detlef Wulff